§ 1684 BGB Umgang des Kindes mit den Eltern

  1. Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
  2. Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
  3. Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. ...
  4. ...

 Gemäß Beschluss vom 1. Februar 2017 – XII ZB 601/15

 Auszug:

Der u.a. für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass und unter welchen Voraussetzungen das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils gegen den Willen des anderen Elternteils ein sog. paritätisches Wechselmodell, also die etwa hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern, als Umgangsregelung anordnen darf.

Im vorliegenden Verfahren erstrebt der Vater die Anordnung einer Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells. Er will den Sohn im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Montag nach Schulschluss bis zum folgenden Montag zum Schulbeginn zu sich nehmen.

Faktoren:
- Entscheidender Maßstab für die Regelung des Umgangs ist das Kindeswohl (Kindeswohlprinzip, § 1697 a BGB) unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern.
- Die Neigungen, Bindungen und der Kindeswille sind gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls.
-- Die räumliche Distanz zwischen den Eltern muss zu bewätigen sein. (Schule, Kindergarten, Sportverein, Freunde, etc.)

gemeinsames Sorgerecht
- Eine Festlegung des Lebensmittelpunkt des Kindes, Aufenthaltsbestimmungsrecht, dient hier etwa zur Vereinfachung der Auszahlung öffentlicher Leistungen und dem Hintergrund der praktikablen Festlegung öffentlich-rechtlicher Rechtsfolgen.
- Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen.
- Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht.
- Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.
- Eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern
- Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.
-- Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes.
- Das Familiengericht ist im Umgangsverfahren zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs dem Kindeswohl am besten entspricht.
-- Dies erfordert grundsätzlich auch die persönliche Anhörung des Kindes

Das Wechselmodell ist anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.

 


Die noch gängigen Formulierungen des Kindeswohls in Bezug auf den Wohnort nach einer Trennung der Eltern greifen zunehmend ins Leere. "Residenz" bei der Mutter oder dem Vater und "ausreichender Umgang" mit dem anderen Elternteil sind meistens nicht das, was Kinder sich wünschen und was die Eltern in gute Kooperation bringt.

 Die Doppelresidenz, das sogenannte "Wechselmodell" wird in Europa vielfach mit guten Erfahrungen als Standard praktiziert.

Hintergrund sind die jüngsten Diskussionen auf dem Familienkongress des Väteraufbruch in Halle/Saale und Fachtagungen in Hamburg und Köln. Internet-Links dazu finden Sie im Anschluss an diesen Artikel.

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 - Was haben wir an Positivem in der Trennungssituation erreicht oder an Rückschlägen zu verkraften?

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